Eines muss mal gesagt werden: Hans Hurch hat mit seiner
Viennale ein tolles Festival geschaffen, welches Wien auch ein anderes Gesicht abseits der üblichen Klischees gibt. Und es festigt sich jedes Jahr mehr zu einem Fixpunkt als Zugang zu unterschiedlichen Sichtweisen, vor allem natürlich im Filmbereich.
Natürlich können Marketingstrategien, Lugner`sches Promiservice u.a. kritisiert werden, aber alles in Allem halte ich es für eine der wichtigsten Veranstaltungsreihen von Wien schlechthin. So was ähnliches gibt es im Musikbereich einfach nicht.
Wobei ich sagen muss - ich habe ja nur einen Film gesehen (hä ?) - nämlich
Robinson in Space, dass dies auch manchmal etwas mühsam sein kann. Nämlich einen Film in der Originalsprache zu hören (auch wenn es Englisch ist), dabei ungefähr nur die Hälfte zu verstehen und mit einer Summe an Fakten überschüttet zu werden, die an die ORF-Reihe
die Sendung ohne Namen erinnert. Allerdings war die Bildführung ruhiger, so dass die Sicht auf englische Industrieruinen schon einen etwas kontemplativen Charakter hatte.
Egal, was ich allerdings weitergeben wollte, war, dass ich bereits zum zweiten Mal im Rahmen der Viennale ein grossartiges Konzert im Gartenbaukino erlebte. Sah ich vor (ich glaube) drei Jahren die
Melvins, wie sie den Soundtrack zu den Filmen von
Jamie Cameron bildeten (lustigerweise bei
Kranky Claus die Beobachtung einer Salzburger Rauhnacht - das genaue Gegenteil des amerikanischen Halloweenspektakels), so war heuer
Vic Chesnutt musikalischer Gast der Viennale.
Was trieb mich dorthin ? Ich kannte bis dahin nur eine eher sehr ruhige CD, die mich nicht sehr begeisterte. Dafür las ich in irgendeiner Musikzeitschrift eine begeisternde Kritik zur
letzten CD und dass für dieses Projekt eine Reihe an Musikern engagiert wurden - die auch gestern Chesnutt begleiteten - die nicht unbedingt einen ruhigen Abend versprachen. Nämlich ein Ex-
Fugazi-Mitglied, jemand von
Godspeed You! Black Emperor und Musiker von den
Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra, wo mir schon alleine der Name gefiel.
Tatsächlich hatte der Abend es in sich, vergleichbar mit dem Konzert der Drones, welche ich im Frühjahr sah, aber mit mehr emotionalen Tiefgang.
Beeindruckend nicht nur die Stimme und Haltung Chesnutts (im Rollstuhl), sondern auch
Genevieve Heistek an der Viola, die anscheinend den mütterlich-sorgenden Part um Chesnutt innehatte und die das Kommando gab, wann das Konzert zu beenden sei. Chesnutts angegriffener Gesundheitszustand gab Ihr anscheinend Anlass zur Sorge und so fragte sie Ihn, ob es wirklich noch geht ein letztes Stück als Zugabe zu spielen - nämlich ein fantastisches
Ruby Tuesday.
Aber natürlich war Ihr Äusseres ebenso ein Blickfang. Mit langen schwarzen Zöpfen und einem Top, welches den Blick auf ihre Schultern zuliess und somit tätowierten Engeln (oder Vögel ?) gewahr werden liess, bezauberte sie ebenso wie mit den Klängen, die sie aus ihrem Instrument hervorholte.
Leider verstand ich die Texte ebenso nur bruchstückhaft, für die gerade aber Chesnutt berühmt ist - ich habe nur in Erinnerung:
like Piss on a Toiletseat.
Jedenfalls ein grosser Abend.