Montag, 27. Dezember 2010

Come As You Are - as an old memory ...

meine jetzige Wohnungssituation gleicht ja ein wenig an eine Erinnerung, die ich an eine Interrail-Reise 1979 habe:
Jung und naiv in den 70ern - ich sowieso vertrauensselig und gutmütig - das kann schon auch ins Auge gehen, aber vielleicht habe ich ja einen Schutzengel:
Angefangen hat es mal in Amsterdam, welche nach Berlin die zweite Station auf der Reise war. Dort lernten wir in irgendeinem Cafe zwei Engländer kennen, die uns bereitwillig ihre Adresse und Telefonnummer in London gaben, auch mit dem Zusatz, "wir könnten jederzeit kommen" ...
Was wir dann auch fast unmittelbar taten. Die zwei Herren - verwundert über soviel Entschlossenheit - konnten sich zwar noch an Ihre Einladung erinnern, aber natürlich stellten sie uns nicht ein Zimmer in Ihrem noblen Etablissement im Swiss Cottage zur Verfügung, sondern er rief einen Freund/Bekannten an, ob er uns nicht helfen könnte ...
Es stellte sich dann heraus, dass dieser Freund ein wenig an einen Madman a`la Captain Beefheart (der Captain ist tot) erinnerte (er war so zwischen 40 und 50) und zusammen mit zwei weiteren Leuten ein Squat in einem verlassenen Sozialbau bewohnte. Uns wurde eine leerstehende Wohnung im nächsten oder übernächsten Stockwerk vom Madman zugewiesen und uns wurde ein wenig bange. Die Wohnung und auch die weitere Umgebung schauten ziemlich wüst aus - eine verrostete Badewanne gab es, natürlich kein Strom und Wasser, im leerstehenden Wohnzimmer gab es am Boden eine verkohlte Feuerstelle, wo anscheinend wie in der Prärie Essen gemacht wurde - und: es gab kein Schloss an der Eingangstür !
So vertrauensselig waren wir jetzt in dieser Situation doch nicht und fragten Madman, ob wir nicht doch in ihrer Wohnung schlafen könnten, woraufhin er unwirsch einwilligte.
Wir blieben einige Tage bei den Dreien - wir erwiesen uns als anständige Gäste, denn ich besorgte mit Hilfe des Madmans paar illegale Substanzen bzw. schenkte Ihnen paar Schachteln Zigaretten und Alkohol (vom Duty Free Shop), welche Ihn zufrieden stellte und woraufhin er uns dann auch freundlicher behandelte.
Die Dreier-Besetzung des Squats erinnert mich an meine jetzige Situation, denn die Konstellation war ähnlich:
  • es gab diesen älteren Haudegen, der in seinem Leben möglicherweise zu viele Drogen genommen hat - oder war er einfach ein ähnlicher Exzentriker wie der selige Captain ?
  • es gab den rothaarigen Jamie aus Glasgow, der vielleicht 10 Jahre jünger als der Captain war - schon etwas schwerer aufgrund seines schottischen Akzents zu verstehen war - mir fällt zu Ihm nur der Begriff schottisches Rauhbein wie - mmmhh - z.B. Billy Bremner ein ...
  • und es gab einen 17-jährigen Burschen mit langen Haaren aus Manchester. Bei Ihm war ich mir nicht sicher, welche Sprache er verwendete ... War es Deutsch ? Komisch war nur, dass ich trotzdem nichts verstand, es musste also dieser merkwürdige Manchester-Dialekt gewesen sein ...
Ganz so bizarr wie diese drei Herrschaften leben wir nicht zusammen. Im Gegenteil, bis auf M. (unser Küken) führen wir ein regelrecht solides Leben.
Das die drei Leute in London ebenso normale, freundliche Menschen waren, erfuhr ich erst später:
Schreckten mein Freund und ich uns anfänglich vor lauten Geschrei aus dem Innenhof - vor Leuten mit einer Narbe am Unterarm, als hätten sie diese selber genäht und einem Besuch einer sturzbesoffenen Frau, deren besten Jahre schon weit zurück zu liegen schienen, und die ziemlich randalierte - so wurden wir eines Freitag Abends eines Besseren belehrt:
Freitag ist Pub-Tag: Jamie zog sich ein blütenweisses Hemd inklusive Sakko an und nahm uns dann zum nächsten Pub an der Ecke mit, wo sich die ganze Nachbarschaft traf ...
Auch der Captain erwies sich dann als nicht ganz so verrückt: er zeigte uns , wie man mit der Tube schwarzfahren kann und vollführte seltsame Rituale bei einem alten Baum im Hyde Park - fast hätte er sogar einen respektablen Tourist Guide abgegeben ...
Memoria, Memoria ...

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