Schutzengel ?
Es gibt wohl einen Fachausdruck für den Zustand einer Partnerschaft, wo sich die Beteiligten nichts mehr zu sagen haben und wenn, dann mit der Konsequenz, dass eine/r beleidigt oder verletzt ist - der grosse Rosenkrieg ausbleibt, aus Bequemlichkeit, aus Angst vor den Folgen, wegen der Kinder - und sich somit ein jahrzehntelanges Dahinwursteln ergibt. Möglicherweise hat das ja die Elterngeneration vorgelebt.
Jedenfalls heute, mitten hinein in diesen, meinen persönlichen Zustand, feiert die Schwiegermutter ein Familienfest. Anlass ist kein Geburtstag, sondern das 50-jährige Jubiläum ihrer Ausreise aus dem Ort, der ihr damals keine Geborgenheit mehr bieten konnte. Es werden wohl keine offenen Konflikte ausgetragen werden, dazu versucht man allzusehr "sich nicht zu verletzen" - siehe oben. Im harmoniesüchtigen Verdrängen sind wir ja sehr gut.
Dazu kommt heute der 16-jährige Sohn vom Frequency zurück. Grosszügig verzichtete die Schwiegermutter auf das Erscheinen meines Sohnes, was vielleicht auch besser ist, mich aber nicht von den Gedanken über die Auswirkungen des pubertierenden Treibens befreit.
Ich gebe ja zu, dass jugendliche, männliche Heranwachsende eine Spielwiese brauchen, wo sie ihre Grenzen austesten können. Hat es schon immer gegeben, in der einen oder anderen Form.
Vielleicht in besseren Bahnen gelenkt wie bei den Naturvölkern nach der Methode: wer überlebt, ist reif - erfahren - ein respektiertes Mitglied der Erwachsenen.
Da ist im Gegensatz dazu bei einem durchkommerzialisierten Rockfestival die Herausforderung, solange zu trinken, bis einem schlecht wird, eh freundlich und auch gesellschaftsadäquat.
Ich werd wahrscheinlich eher nicht von meinem Sohn erfahren, was war, was wird und überhaupt.
Was bleibt, ist das Vertrauen in die Grundintelligenz, dass dies hoffentlich nur eine Phase ist und alles gut wird - für meinen Sohn und für mich. So ähnlich wie mit den Schutzengeln, die kleinen Kinder und Betrunkenen beistehen, vielleicht stehen die ja auch älteren Herrschaften bei.