Ein Wochenende in Nizza
zunächst fiel mir nicht allzuviel auf die Geschichten von Fr. LaMamma und Confessions of an overcrowded mind ein, ausser einer nicht ganz so originellen Bahnfahrt vor ca. einem Jahr und die Waldviertelerzählung, auf die ich aber keine Urheberansprüche stellen kann.
Ich versumpfe auch nicht in der Einöde (die ist ja mein Freund), sondern eher in Großstädten oder touristischen Zentren. Dann sind mir meine Reisemissgeschicke eingefallen:
So musste ich meinen ersten London-Aufenthalt unfreiwillig um drei Tage verlängern, weil mein Rückflug überbucht war und wenn ich nach Italien mit der Bahn fahre, kommt garantiert ein 24-Stunden Bahnstreik dazwischen.
Richtig abenteuerlich wurde aber eine Reise durch Frankreich. Das Malheur passierte auf der Rückfahrt (es passiert immer auf der Heimreise, wenn das Reisebudget schon erfolgreich verprasst worden ist). Es ging von Perpignan zurück nach Österreich mit Umsteigen in Nizza. Da einige Stunden Zeit waren, wollten wir unser Gepäck in den dortigen Bahnhofsschliessfächern deponieren. Dort lauerte uns jedoch eine Zigeunertrickbande auf, die meiner Reisebegleiterin (und heutige Gemahlin) die Tasche mit dem Geld, den Pässen und den Fahrkarten entwendete.
Freitag abends in Nizza. Zuerst meldeten wir den Diebstahl bei der Polizei, die den Vorfall routinemässig protokollierten, dann suchten wir uns mit dem letzten verbliebenen Geld ein Hotelzimmer.
Fest damit rechnend, daß uns am nächsten Tag das österreichische Konsulat soweit aushelfen wird, daß wir die Heimreise gleich fortsetzen können.
Das war natürlich ein Trugschluß, denn das Konsulat hat Samstag Vormittags geschlossen. Ja die Botschaft in Marseille, die hätte uns vielleicht helfen können, aber wir hatten natürlich kein Geld mehr für die Bahnkarten. Wir hatten nur wenige Franc und damit mussten wir das Wochenende in Nizza auskommen.
Die erste Nacht verbrachten wir in unseren Schlafsäcken am Strand. Die zweite auf einer Anhöhe am Ortsrand von Nizza, da wir erfuhren, daß am Strand des Nachts die Touristen üblicherweise überfallen werden. Von Schlaf konnte keine Rede sein, es gab da zwar keine Gangster, die uns überfielen, dafür aber unzählige Frösche, die sich lautstark beschwerten, dass wir in deren Areal eindrangen.

Wie wir uns ernährten, weiss ich nicht mehr so genau. Ein englischer Ziehharmonikaspieler, der in den Strassencafes typisch französische Waisen spielte, dürfte uns ausgeholfen haben. Auch paar kleinere Diebstähle in Supermärkten dürften uns über Wasser gehalten haben.
Am Montag war dann der Ärger recht gross, wie wir feststellen mussten, daß das Konsulat uns nicht sofort mit Geld aushalf, sondern uns nur gestattete, nach Österreich zu telefonieren. Erst als wir damit drohten, die folgende Nacht im Konsulat zu verbringen, leihten sie uns für das Hotel etwas Geld. Aber immerhin stellten sie uns provisorische Pässe aus. Das Geld für die Heimreise wurde per Post überwiesen, welches aber auch erst am Dienstag zu beheben war.
War ein ziemlich langes Wochenende - bei mediterranem Sonnenschein - aber seitdem weiss ich, wie Obdachlose und Bagladies leben.